Auch in den Wissenschaften hält sich hartnäckig die These, Deutschland habe nie wirklich Teil am Kolonialismus gehabt – und daher müsse man sich mit dem Thema auch nicht tiefergehend beschäftigen. Doch damit räumt die jüngere Forschung seit einigen Jahren zu Recht auf und wirft damit einen frischen Blick auf die baulichen Zeugnisse jener Zeit. In Tansania (damals Deutsch-Ostafrika), genauer gesagt im Ort Mwanza, beispielsweise errichtete der deutsche Jurist und Kolonialbeamte Theodor Gunzert 1912 ein Wohn- und Verwaltungsgebäude. Nachdem er das Land im Zuge des Ersten Weltkriegs verlassen hatte, übernahmen die jeweiligen Regierungen zunächst die Anlage. Zuletzt wurde sie von der Armee in Besitz genommen, bevor das Anwesen lange Jahre leer stand.

In einer Städte- und Unipartnerschaft zwischen Tansania und Deutschland wurde der Bau 2010 wiederentdeckt und saniert bzw. rekonstruiert. Seitdem dient das Haus als Kultur-, Informations- und Tourismuszentrum, das sich auch als Mahnstätte an die koloniale Geschichte und als Begegnungsort für die Zeit danach versteht. Dieses Beispiel ist eines von vielen, die auf der Tagung „Monuments and Sites de-kolonial!“ behandelt wird. Im Mittelpunkt stehen Formen und Strategien des Umgangs mit den baulichen Hinterlassenschaften der deutschen Kolonialzeit. Dabei reicht der Bogen der Referate von Berichten über intentionale Forschungs-, Erhaltungs- und Toirsmuskooperationen bis zu dekolonialen Ansätzen bei Denkmalen und Kunstprojekten. Die englischsprachige Veranstaltung, eine Kooperation der TU München mit ICOMOS.DE, findet vom 3. bis 4. November 2023 an der TUM (Vorhoelzer-Forum, Arcisstraße 21, 80333 München) statt. Die Zahl der Plätze ist begrenzt, daher wird online um Anmeldung gebeten. (kb, 10.10.23)

Mwanza/Tansania, Gunzert House (Bild: wuerzburg.de)

Mwanza/Tansania, Gunzert-Haus, errichtet 1912 während der Kolonialzeit, vor der Renovierung und Umnutzung zum Tourismus- und Kulturzentrum (Bild: wuerzburg.de)

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