Dass viele Köche nicht den Brei verderben, darin liegt die eigentliche Kunst des kollektiven Bauens. Dieses Experiment ging man in Neu-Belgrad, einem neuen Stadtteil von Belgrad, nach dem Zweiten Weltkrieg ganz bewusst ein. Im gemeinsamen Errichten und Gestalten wollte man – unter dem theoretischen Rahmenkonzept der marxistischen Praxisphilosophie – zugleich an der neuen jugoslawischen Gesellschaft bauen. Diesem Phänomen geht die Architektin Dr.-Ing. Andjelka Badnjar Gojnić – wissenschaftliche Mitarbeiterin am Architekturmuseum der TUM und am Lehrstuhl für Architekturgeschichte und kuratorische Praxis – in ihrer Publikation „Praxis of Collective Building“ nach, die aktuell im Berliner Jovis Verlag erschienen ist.
Als Quelle ihrer zugrundeliegenden Untersuchung dienten Mikrogeschichten, mündliche Überlieferungen im Abgleich mit theoretischen Texten zu den damaligen Fachdiskursen. Im Mittelpunkt ihrer Forschungen steht die Frage, wie dieses philosophische Konzept auf den jugoslawischen Großbaustellen der Nachkriegszeit sichtbar wurde – vom Engagement Jugendlicher bis zu partizipativen Ansätzen im standardisierenden Bauen. Dabei betrachtet sie, wie sich die marxistische Theorie des Kollektiven im gemeinschaftlichen Planen und Bauten niederschlug. Sie entfaltet nicht zuletzt die Vorbildfunktion der jugoslawischen Erfahrungen für die kubanische Microbrigada-Bewegung. (kb, 12.10.23)