Am Freitag sollte in der Thüringenhalle Erfurt der Deutsche Barde Max Giesinger auftreten, Samstag wäre Modellbahnbörse gewesen und in dieser Woche hätten Prüfungen der IHK Erfurt hier stattgefunden. All diese Veranstaltugem wurden aber kurzerhand verlegt – denn die Thüringenhalle ist wegen Einsturzgefahr seit vergangener Woche gesperrt. Bei einer turnusgemäßen Kontrolle zur Tragfähigkeit des hölzernen Dachstuhls wurden strukturelle Schäden festgestellt. „An verschiedenen Knotenpunkten drohen nach Aussage des von uns beauftragten Statikers ‚akutes Versagen‘ und ein Teileinsturz des Daches“, erklärte Jens Batschkus, Werkleiter des Erfurter Sportbetriebes, zu dessen Bestand die Thüringenhalle gehört, in einer Pressemitteilung der Stadt. Ein hinzugezogener Prüfstatiker des Bauamtes bestätigte die Schäden. Man gehe davon aus, dass die Thüringenhalle mindestens bis Ende des Jahres geschlossen bleibe. Genaues über den Umfang der notwendigen Sanierungsarbeiten werden weitere Untersuchungen ergeben. Immerhin, von Abriss redet (noch?) niemand: Die 1946/47 vollendete Thüringenhalle steht unter Denkmalschutz. Nicht betroffen von der Schließung sind zunächst die sportlich genutzten Räume, Boxen und Kraftsport in den Untergeschossen.
Eigentlich ist das Gebäude ein NS-Projekt – was auch unschwer zu erkennen ist: errichtet wurde es 1939-42 für das Bürgerschützenkorps nach Plänen von Alfred Crienitz und Walter Ahrens im Stil eines niederdeutschen Bauernhauses. Es handelt sich um eine frei tragende Halle von 80 Metern Länge und 40 Metern Breite; Richtfest war am 8. November 1941, im Juli 1942 wurde der Weiterbau kriegsbedingt gestoppt. Zunächst nutzte die Wehrmacht den für bis zu 10.000 Zuschauer:innen konzipierten Raum als Depot, wirklich fertiggestellt wurde er erst nach Kriegsende. 1947 fand hier die erste Landesausstellung Bildender Künstler Thüringens statt. Auch Spiele der Handball-Weltmeisterschaft der Männer 1958 und 1974 wurden hier ausgetragen. 1964 war sie Veranstaltungszentrum der 39. Internationalen Sechstagefahrt. Bis zur Errichtung der Messehallen in den 1990er Jahren war sie die Thüringenhalle die einzige große Halle der Stadt. Bis heute wird sie als Veranstaltungsort für Sport-Wettbewerbe, Märkte und Konzerte genutzt. Nun hat sie Pause wegen Dachschaden … (db, 20.3.23)
Erfurt, Thüringenhalle (Bild: Giorno2, CC BY-SA 4.0)
