ein Fotoessay von Lothar Hammer
Was macht man 1972 mit einem Areal, auf dem gerade Reste des Reichsparteitagsgeländes gesprengt wurden? Einen Wettbewerb, natürlich. Unter dem Titel „Elementa ’72“ suchten damals das Bundesbauministerium und die Illustrierte „Stern“ nach guten architektonischen Lösungen für sieben Standorte. In Nürnberg-Langwasser entstand so bis 1974 eine bemerkenswerte strukturalistische Wohnanlage, für die das Münchener Büro von Otto Steidle und die örtliche Wohnungsbaugesellschaft Wiwog verantwortlich zeichneten. Der mR-Leser Lothar Hammer war – treppauf, treppab – mit der Kamera unterwegs und fotografierte die individuellen Akzente im Raster.
Um die Wohnanlage zeit- und kostensparend errichten zu können, griff das Büro Steidle zu Betonelementen aus dem Industriebau. Diese blieben in weiten Teilen sichtbar, nur die Stirnseiten der Riegel erhielten eine profilierte Metallverkleidung. In das Grundgerüst wurden Betonplattendecken eingelegt, die ihrerseits – in Aluprofilen und mit farbigen Füllungen – Leichtbau-Wandelemente tragen. Das Untergeschoss ließ Raum für Ladengeschäfte, die sich leider nur selten auf Dauer halten konnten. Auch der Plan, die Grundrisse immer wieder an die sich wandelnden Bedürfnisse anzupassen, wurde in der Praxis nicht eingelöst. Doch ein großer Vorteil der industriellen Konstruktionsweise ist bis heute zu beobachten: Die Einheiten fielen je nach Bewohner:in unterschiedlich groß aus. Für die Freisitze, die zu den mittleren Erschließungsgängen weisen, griffen viele Nutzer:innen später oft zu einem Sichtschutz und sicherten sich damit ein wenig Privatsphäre im modernen Wohnungsraster. (19.10.22)
Alle Bilder: Nürnberg-Langwasser, Elementa-’72-Wohnanlage nach Entwürfen von Otto Steidle (Bilder: Lothar Hammer, 2022)