Das grafische und bildhauerische Werk von Otto Herbert Hajek (1927–2005) prägt bis heute (nicht nur) das Stuttgarter Stadtbild: Über 50 plastische Werke und »Kunst am Bau«-Projekte hat der Künstler in der Stadt realisiert, in der er von 1947 bis zu seinem Tod lebte. Auch den Ort, an dem heute das Kunstmuseum Stuttgart steht, verbindet eine gemeinsame Geschichte mit Hajek: 1969 verwandelte er mit den Mitteln der bildenden Kunst den Kleinen Schlossplatz in einen beliebten Kommunikationsort. Das Verhältnis von Kunst und gebauter Umwelt wird zu seinem bestimmenden Thema, das er in zahlreichen Aufträgen für Platz- und Architekturgestaltungen weltweit umsetzt – etwa im australischen Adelaide und in Montevideo, Uruguay. Seine Plastiken im Außenraum verstand Hajek als „Zeichen“, die unbestimmten Stadtraum zu einem Erlebnis- und Erfahrungsort für den urbanen Menschen werden lassen. Mit Kunst den öffentlichen Raum zu durchdringen, um dessen Aufenthaltsqualität zu steigern und Gemeinschaft zu stiften, blieb zeitlebens sein zentrales Anliegen.
Das Kunstmuseum Stuttgart widmet Otto Herbert Hajek nun bis 6. Oktober 2024 eine Ausstellung – die erste Retrospektive in Deutschland seit 2007. Die Schau zeichnet anhand von 60 Werken die künstlerische Entwicklung des Bildhauers chronologisch nach, indem sie bewusst auf eine Trennung der Gattungen verzichtet. Die umfassenden Bestände der O.H. Hajek-Kunststiftung, 2003 noch vom Künstler selbst gegründet, und der Otto Herbert Hajek Kunststiftung der Sparda-Bank Baden-Württemberg sind hierfür prädestiniert. Überhaupt scheint das Motto der Ausstellung „mehr Hajek wagen“ zu sein: Die Idee des Stadtraumes als Kunstraum greift das Kunstmuseum aktiv auf: Das Kunstkollektiv „Umschichten“ will mit einer temporären Intervention nach Hajeks Vorbild den urbanen Raum mit den Mitteln der Kunst neu beleben und den Kleinen Schlossplatz mit skulpturalen Objekten „hinterfragen und ergänzen“. Was allerdings aus dem einstigen Wohnhaus der Familie Hajek an der Hasenbergsteige wird, scheint noch immer offen: Der denkmalgeschützte Bau liegt als Baustelle seit mehreren Jahren brach. Vielleicht leitet die – hoffentlich – publikumswirksame Ausstellung auch hier eine Lösung in die Wege. (db, 2.11.23)