Das Berlin der 1990er Jahre war für einen Denkmalpfleger kein einfaches Pflaster – jedes Vorhaben stand unter Beobachtung, irgendwo zwischen der ausklingenden Kritischen Rekonstruktion, der fieberhaften Suche nach einer neuen Einheitsmoderne und der wachsenden Sehnsucht nach dem historischen Berlin vor all diesem Hin und Her. Doch glaubt man der beständig positiven Grundstimmung des studierten Architekten, Stadtplaners und Kunsthistorikers Jörg Haspel, der Berlin von 1992 bis 2018 als oberster Denkmalpfleger vorstand, dann lag in dieser Übergangszeit eine große Chance. Nach baden-württembergischen Ausstellungs- und Inventarisationsprojekten hatte er 1982 zunächst die Leitung des Denkmalschutzamts in Hamburg übernommen, um zehn Jahre später nach Berlin zu wechseln. Über seine Zeit in der deutsch-deutschen Hauptstadt erklärte er 2018 gegenüber der „taz“: „Berlin war der spannendste Ort in der spannendsten Zeit.“
Aus Anlass seines nahenden 70. Geburtstags hat das Landesdenkmalamt Berlin für Haspel nun eine Festschrift herausgegeben – als Sonderband der „Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin“ mit dem treffenden Titel „Denkmal als Chance“. Die Texte von Freund:innen und Kolleg:innen schlagen einen weiten Bogen vom Grundsätzlichen („Denkmalpflege als Lebensart“ von Frank Pieter Hesse) zum täglichen konservatorischen Kleinkampf („Zwischenbericht zur Restaurierung des Brentano-Hauses in Oestrich-Winkel“ von Gerd Weiß), von den Zeugnissen der Teilung („Zum Stand der Umsetzung des Gedenkkonzeptes Berliner Mauer“ von Axel Klausmeier) zum Versöhnen der Gegensätze („Weiterbauen am Denkmal“ von Sigrid Brandt), vom grauen Berlin („Industriemetropole und urbanes Labor“ von Thorsten Dame) und vom grünen Berlin („Berliner Gartendenkmale und Gartendenkmalpflege“ von Klaus-Henning von Krosigk). (kb, 6.2.23)