Im Dezember 2021 verschwand endgültig das Heizkraftwerk Wilmersdorf im Südwesten Berlins. Es stand seit 1977 direkt an der Autobahn und prägte mit seinen drei schlanken Türmen das Bild des autogerechten, nachkriegsmodernen West-Berlin. Es war Orientierungspunkt, Identifikationsort und ein Denkmal von städtebaulicher und technischer Bedeutung. Funktional aber war es überflüssig geworden, technisch nicht mehr auf dem neuesten Stand. So und ähnlich steht es um die stillgelegten Atomkraftwerke Deutschlands – man beachte aktuelle Publikationen wie „Nach der Kernkraft – Konversionen des Atomzeitalters“ von Stefan Rettich und Janke Rentrop (JOVIS 2023) oder das ICOMOS-Heft zu „Kernkraftwerke. Denkmalwerte und Erhaltungschancen“, 2019 – und so einige historisch gewordene Kohlekraftwerke. Landschaftsprägende Denkmäler oder Abrisskandidaten?
Unter die letztgenannten zählt das Kohlenkraftwerk Ibbenbüren in Nordrhein-Westfalen, das 1981 ans Netz ging und derzeit abgebaut wird. Das Kraftwerk in der ehemaligen Bergbaustadt wird bald einer Anlage zur Verteilung von Windstrom weichen und macht damit die ländliche Kleinstadt zum Symbol für die Energiewende. Die Abrissarbeiten starteten vergangenen Sommer mit dem Rückbau der inneren Anlagen, dem Entkernen der Gebäude. Für den kommenden Sommer ist die Sprengung der landschaftsprägenden Bauwerke Kesselhaus, Kamin und Kühlturm geplant und so Platz geschaffen für die Windkraftanlagen. Das architektonische Antlitz wird sich ändern, die Prägung der Landschaft durch Energietechnik bleibt bestehen. Es ist eine Frage der Zeit, wann die neuen Anlagen auch zu Identitätskraftwerken werden. (pk, 24.2.24)
Kohlekraftwerk Ibbenbüren, erbaut 1977 bis 1981 (Bild: STBR, CC BY-SA 3.0, 2015)