Ein Dämpfer für die Gentrifizierung? Das Wohnhaus Am Hauptbahnhof 4 in Frankfurt kann nicht wie von der Luxemburgischen Eigentümerin „First Solid Rock Portfolio Sàrl“ geplant abgerissen und durch ein Boardinghaus ersetzt werden. Die Pläne seien nicht mit dem gültigen Bebauungsplan vereinbar, teilt die Stadt mit; die Stabsstelle Mieterschutz hat die rund 50 Bewohner:innen der Liegenschaft im Amt für Wohnungswesen informiert. Ihnen war Ende Januar zum 31. Oktober gekündigt worden. Der Bauaufsicht war in einem Beratungsgespräch von Eigentümerseite ein Neubaukonzept für ein Boardinghaus vorgestellt worden. Der Bebauungsplan lege für diesen Bereich aber ein besonderes Wohngebiet mit einer flächenanteiligen Wohnnutzung von mindestens 60 Prozent fest, erklärte Simone Zapke, die Leiterin der Frankfurter Bauaufsicht, der Frankfurter Rundschau, Ausnahmen seien nicht zulässig. Bisher seien auch weder ein Bauantrag noch eine Bauvoranfrage oder ein Abbruchantrag eingereicht worden. Aus baurechtlichen Gründen sind jetzt offenbar auch die Kündigungen unwirksam.
Das 1955 errichtete Wohngebäude ist wahrhaft keine Inkunabel, doch der Bau mit Ein- und Zweizimmerwohnungen ist auf dem angespannten Frankfurter Immobilienmarkt nicht zuletzt auch aus sozialpolitischen Gründen unverzichtbar. Kurz geagt: Es geht ums Prinzip. „Wir werden daher den im Bebauungsplan festgesetzten Wohnraum sichern. Wir setzen uns dafür ein, dass die Mieter:innen weiterhin hier wohnen können.“, sagte Planungsdezernent Marcus Gwechenberger (SPD). Unter Denkmalschutz steht das Haus Am Hauptbahnhof 4 nicht – dennoch ist es ein Ort mit Geschichte: Hier lebte von 1965 bis kurz vor seinem Tod 1974 Oskar Schindler. Der Unternehmer rettete in der NS-Zeit über 1200 Jüd:innen vor dem Tod im KZ; Steven Spielberg drehte nach seiner Geschichte 1993 den Film „Schindlers Liste“. Heute erinnert eine Gedenktafel neben dem Eingang an Oskar Schindler, der – vom Staat Israel geehrt als Gerechter unter den Völkern – fast unerkannt seine letzten Jahre nahe des Frankfurter Hauptbahnhofs verbrachte. (db, 21.5.24)
Frankfurt am Main, Am Hauptbahnhof 4: Gedenktafel für Oskar Schindler (Bild: Frank Behnsen, CC BY-SA 3.0)
Frankfurt/Main, Am Hauptbahnhof 4 2024 (Bild: Daniel Bartetzko)