Der ostmoderne Gebäuderiegel am Beginn der Mollstraße sieht mittlerweile ruinös aus: zugebrettert, vollgesprayt, vermüllt. In einer solchen Geschwindigkeit vollzieht sich derartiges bevorzugt in Berlin. Denn das bis dahin völlig intakte Gebäude steht seit gerade mal drei Jahren leer. Bis 2019 befand sich hier das Mercure Hotel Alexanderplatz. Seitdem ist das 1969/70 im Zuge der Sozialistischen Neugestaltung des Bereichs rund um den Alexanderplatz errrichtete Scheibenhochhaus samt der Ladenzeile im Erdgeschoss verrammelt. Ursprünglich befand sich hier auch kein Hotel, stattdessen gab es 214 Einzimmer-Wohnungen mit Balkon, Küchenzeile und Bad. Auf der Rückseite grenzt das Areal des Hauses der Statistik an. In Zeiten eskalierender Mietpreise und Wohnungsnot würde der Berliner Bezirk Mitte den Mercure-Bau gerne erhalten und wieder in Wohnnutzung sehen.
Der Besitzer, ein Hamburger Investor, plant allerdings den Abriss, um hier einen Neubau in gleichen Dimensionen zu realisieren. Sowohl die Linksfraktion als auch die Grünen als auch die CDU im Bezirk kritisieren dies. “Angesichts des in Berlin herrschenden Mangels an Wohnraum wäre eine Nutzung des ehemaligen Hotels und eine Umwandlung in Wohnungen zu begrüßen”, sagte der CDU-Verordnete Olaf Lemke gegenüber dem Tagesspiegel Ende April. Die Bezirkspolitiker würden das Gebäude gern in das direkt benachbarte Projekt Haus der Statistik miteinbeziehen. Der Investor sei nach Angaben des Bezirks aber derlei Planspielen nicht geneigt, obwohl auch das Berliner Landesdenkmalamt den geplanten Abriss kritisiert. Geplant ist nach Bezirksangaben der Bau eines reinen Bürogebäudes, die Lobby soll von beiden Seiten aus erreichbar sein, auch ein Café im Erdgeschoss sei vorgesehen. Das riecht nach Konkurrenz für den Campus des Hauses der Statistik. Und neue Wohnungen sind nicht in Sicht. (db, 28.5.23)