Die Casa Kalman hielt der Schweizer Architekt Luigi Snozzi (1932-2020) für sein wichtigstes Wohnhaus. 1976 vollendete er den Betonbau in Brione sopra Minusio bei Locarno, der als Ferienhaus für die Kinderärztin Paula Kalman-Fränkel und ihre Tochter Vera Brunner-Kalman errichtet wurde. Anfangs waren diese gar nicht so glücklich mit dem neuen Domozil, ehe sie es schließlich doch zu schätzen wussten. Mittlerweile ist der Bau international bekannt, was auch an der Rezeption Luigi Snozzis liegt, der zwar in der Schweiz baute und an der EPF Lausanne ab 1985 lehrte, aber dennoch international arbeitete: In den 1980er Jahren war er Vorsitzender des Gestaltungsbeirats von Salzburg, 1983 wurde ihm die Ehrenmitgliedschaft des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) verliehen, 2013 die Ehrendoktorwürde der TU München. Für die Braunschweig entwickelte er 1979 ein manifestartiges Stadtkonzept.
Nun hat der Architekturhistoriker Harald R. Stühlinger ein Buch über die Casa Kalman geschrieben, das Einblicke in Entwurfsprozess und Rezeption bietet, ebenso ein Interview mit Vera Brugger-Kalman, die das Leben in der Tessiner Architekturikone beschreibt. Der Band ist Teil der neue Reihe “swissmonographies”, die sich ausgewählten Beispielen der Schweizer Architektur des 20. Jahrhunderts widmet. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem baukulturellen Kontext: den topografischen, städtebaulichen und historischen Rahmenbedingungen, der Rolle der Bauherrschaft sowie der Aneignung eines Gebäudes durch seine Nutzer:innen. Harald R. Stühlinger (* 1970) ist Architektur-, Städtebau- und Fotografiehistoriker. Er studierte Architektur und Kunstgeschichte an der TU Wien, dem IUAV in Venedig und der Universität Wien. Heute unterrichtet er am Institut Architektur der Fachhochschule Nordwestschweiz Architektur-, Bau- und Städtebaugeschichte. (db, 30.9.22)
Brione sopra Minusio, Casa Kalman (Bild: Hans Jürgen Breuning, CC BY-SA 3.0)
