Die Interbau 57 prägte das Gesicht von Berlin nach dem Krieg: Das Hansaviertel wurde als Aushängeschild des Westens gestaltet, im Osten der Stadt entstanden als Antwort die Arbeiterpaläste der Karl-Marx-Allee (ehemals Stalinallee). Seit Jahren müht man sich in Berlin darum, mit diesem Gegenüber als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt zu werden. An keinem anderen Ort lasse sich, so die These, die Rolle der Baukunst im Wettstreit der Systeme auf so dichtem Raum und hohem Niveau nachvollziehen. Nachdem ein erster Anlauf 2014 gewürdigt, aber zur Neubearbeitung an die Stadt zurückgegeben wurde, wagte Berlin 2021 einen zweiten Anlauf. Dabei kristallisierte sich heraus: Nicht die einzigartige politische Geschichte des geteilten Berlins soll und kann als Welterbe gelistet werden, sondern das, was der Neuanfang nach 1945 unter Vorherrschaft der beiden Blöcke konkret an architektonischer und städtebaulicher Vielfalt hervorgebracht hat – Raumstrukturen, Grünbereiche, Einzelobjekte und deren Ausstattung.
Beim Kolloquium “OstWestOst. Architektur und Städtebau der Berliner Nachkriegsmoderne” soll nun der neu gestellte Antrag mit externen Expert:innen erörtert und der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt werden. Das Hermann-Henselmann-Kolloquium veranstaltet die Fachtagung vom 25. bis zum 26. Oktober 2022 in Berlin im Kino International (Karl-Marx-Allee 33, 10178 Berlin) und in der Akademie der Künste (Hanseatenweg 10, 10557 Berlin). Zum Festvortrag ist Vittorio Magnago Lampugnani gebeten zum Thema “Gebaute Ideologien, musterhafte Stadtelemente. Die Karl-Marx-Allee und das Hansaviertel in Berlin”. Am Folgetag beleuchtet man die zentralen Argumente des Welterbeantrags in zwei Sektionen und lotet Vergleichsbeispiele aus. Zuletzt sollen die Ergebnisse gebündelt und das weitere Vorgehen abgestimmt werden. Bei Fragen zur Konferenz können sich Interessierten an die Hermann-Henselmann-Stiftung wenden: per Web-Kontaktformular oder per Mail info@hermann-henselmann-stiftung.de. (kb, 23.10.22)