Wem gehört die Stadt? Allen, natürlich, irgendwie. Aber wer entscheidet, wer alle sind? Und wie einigen diese sich dann, was sie wollen? In ihrer neuen Publikation “Spatial Commons, erschienen bei adocs, umkreist die Berliner Architektin Dagmar Pelger dieses Problem am Beispiel des städtischen Raums. Die Schrift reiht sich ein in das aktuelle Revival des Commons-Konzepts, das gemeinsam geschaffene und genutzte Güter beschreibt. Bei virtuellen Bildern hat sich dieser Ansatz bereits seit Jahren bewährt: Etwa bei Wikimedia, dem Bildportal zu Wikipedia, werden Fotografien nach festgelegten Kategorien freigegeben, alle Rechte und Pflichten sind dabei klar ausgewiesen. Auch im städtischen Raum werden, so Pelger, Gemeingüter erwirtschaftet und geteilt. Um den Raumbezug dieser Prozesse deutlich zu machen, geht sie auf ältere Modelle aus der Landwirtschaft zurück – von der Alm bis zur Allmende. Vor diesem Hintergrund arbeitet sie für die moderne Stadt unterschiedlich bewegliche Raumtypen heraus: zwischen öffentlich und privat, zwischen kollektiv und inklusiv, zwischen ortsgebunden und nomadisch. Zentral ist die Frage, wie Eigentum, Nutzung und Gewinn im Gemeinwesen organisiert werden können. Pelgers Bilder dafür – von Membranen, von „blasen- und schaumförmigen“ Gebilden ist die Rede – entstammen meist der Biologie. Die Gemeinräume werden von den beteiligten Akteur:innen gemacht, scheinen aber fast ein Eigenleben zu entfalten.

Nicht nur die Theoriefreude, auch die Optik eines Arbeitsbuchs erinnert an die guten alten Zeiten, als Architektur noch mit der Schreibmaschine gemacht wurde. Pelger hat ihren Ansatz über Jahre hinweg, u. a. als Teil der Planungskooperative „coopdisco“ und als Städtebau-Gastdozentin an der UdK Berlin, mit Studierenden erprobt und verfeinert. Als Kernmethode lehrt sie das Mapping, die Kartierung, die unterschiedliche und teils verborgene Orte, Zonen und Übergangsräume der städtischen Gemeinschaft sichtbar machen soll. Damit reiht sich das Buch „Spatial Commons“ ein in unterschiedliche Publikationen Pelgers, in denen sie sich – darunter auch ihre Dissertation – mit konkreten Fragen der Berliner Stadtplanung aus kollektiver Perspektive nähert. In diesem Fall steht am Ende nicht ein konkreter Formenkatalog, wie städtische Gemeinräume auszusehen haben. Stattdessen werden die unterschiedlichen Modelle in Skizzen, Tabellen und Wortwolken visualisiert, die im besten Fall weitere Fragen aufwerfen und zu neuen Experimenten anregen. Denn der städtische Gemeinraum müsse im Sinne des Commoning immer wieder aufs Neue ausgehandelt werden. (kb, 13.12.22)

Pelger, Dagmar, Spatial Commons. Zur Vergemeinschaftung urbaner Räume, Hamburg 2022, adocs, Softcover, Klebebindung, 30 x 21 x 2 cm, 256 Seiten, ISBN 9783943253542.

Eindhoven, Blob (Bild: FaceMePLS, CC BY 2.0, 2016)

Eindhoven, Blob (Bild: FaceMePLS, CC BY 2.0, 2016)

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