Der Ausbau des Fährhafens von Mukran auf Rügen war das größte Infrastrukturprojekt der DDR. Bereits seit 1909 wurden von Rügen aus Güter in Richtung Russland transportiert, 1982 bis 1986 wurde der Hafen nochmals für zwei Milliarden Ostmark erweitert. Dabei wurde auch eine Hafeneisenbahn angelegt, die über Breitspurschienen für ankommende und ausgehende russische Eisenbahnwaggons verfügt – man spricht daher auch vom westlichsten Bahnhof der Transsibirischen Eisenbahn. Diese gut ausgebaute Direktverbindung über die Ostsee wurde von 1990 bis 1994 für den größten Teil des Heimtransportes russischer Streitkräfte und Militärgerät genutzt. Nun wurden materielle Spuren dieser letzten historischen Erzählschicht des Hafens unter Denkmalschutz gestellt. Bei den geschützten Objekten handelt es sich um zwei Wartehäuschen an der Haltestelle Mukran-Mitte. Diese sind – ganz im Stil der DDR-Infrastrukturbauten der 1980er Jahre – aus standardisierten Stahlbetonfertigteilen gefertigt und an ihrer Fassade mit geometrischen Betonelemente geschmückt.
Die hauptsächlichen denkmalbegründenden Hinterlassenschaften befinden sich auf den inneren Wänden im Inneren der Häuschen: Grußbotschaften sowjetischer Soldaten, die diese zwischen 1986 und 1994, schwerpunktmäßig von 1991 bis 1994 in kyrillischer Schrift mit Bleistift oder Kugelschreiber auf den Putz geschrieben beziehungsweise eingeritzt haben. Manche Inschriften benennen die Herkunftsorte der Soldaten – teilweise versehen mit Jahreszahlen und dem Kürzel DMB, das für „Demobilisazija“ steht, dem Ende des zweijährigen Wehrdienstes in der Roten Armee. Andere Botschaften sprechen die Leser:innen mit „Hallo Landsmann“ oder „Hallo Landsleute“ an. Das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern stellte die Wartehäuschen mit ihren Inschriften nun als „außergewöhnliche Zeugnisse für die Geschichte der deutschen Wiedervereinigung und der damit verbundenen Veränderungen in Europa“ unter Denkmalschutz. Wer zu Mukran mehr wissen möchte: Die gesamte Geschichte dieser Fährverbindungen und des Hafens kann man umfassend bei Wolfgang Klietz, Redakteur beim Hamburger Abendblatt, im Buch „Geheime Transporte über die Ostsee„, erschienen 2023 bei Edition Pommern, lesen. Wir danken Herrn Klietz sowie dem Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern für die großzügige Bereitstellung dieser seltenen Fotografien. (pk, 8.3.24)
Mukran, nördliches Wartehäuschen (Bild: Sammlung Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern, Landesdenkmalpflege, Foto: Achim Bötefür, Schwerin, 2021)
Mukran, nördliches Wartehäuschen (Bild: Sammlung Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern, Landesdenkmalpflege, Foto: Achim Bötefür, Schwerin, 2021)
Wartehäuschen der Station Mukran-Mitte, Mukran, Rügen, Mecklenburg-Vorpommern (Bild: Wolfgang Klietz, um 2009)
Mukran, nördliches Wartehäuschen, Inschrift auf der nördlichen Stirnwand (Bild: Sammlung Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern, Landesdenkmalpflege, Foto: Achim Bötefür, Schwerin, 2021)
Mukran, nördliches Wartehäuschen, Inschrift auf der südlichen Stirnwand (Bild: Sammlung Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern, Landesdenkmalpflege, Foto: Achim Bötefür, Schwerin, 2021)
Mukran-Mitte, Haltestellenschild (Foto: Wolfgang Klietz, 2007)
Mukran, nördliches Wartehäuschen (Quelle: Sammlung Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern, Landesdenkmalpflege, Foto: Achim Bötefür, Schwerin, 2021)