Seit 1979 sitzt die Zentralbibliothek Köln am Neumarkt in einem Bau nach Entwurf der Architekten Franz Lammersen (der auch für die 2002 abgerissene Josef-Haubrich-Kunsthalle (1967) verantwortlich zeichnete) und Franz Löwenstein. Rote Fensterbänder im regelmäßigen Wechsel mit Sichtbeton erinnern nicht von ungefähr an ein gut gefülltes, offenes Bücherregal. Auch im Inneren arbeitet der Bau zeichenhaft: Ein prägendes Deckengitter mit integrierter Beleuchtung bildet hier ein Raster, das sich durch alle wesentlichen Publikumsbereiche zieht. Die Zentralbibliothek, weniger Brutalismuss denn Spätmoderne, ist der Hauptteil eines funktionierenden Netzwerks mehrererer Bibliotheken. Insgesamt kommt die Kölner Stadtbibliothek jährlich auf etwa 2,4 Millionen Nutzer*innen. 2015 wurde sie zur Bibliothek des Jahres gewählt, Hannelore Vogt, seit 2008 Leiterin der Institution, zur Kulturmanagerin des Jahres. Das einzige, was in all den Jahren florierender Nutzung vernachlässigt wurde, war das Hauptgebäude von Lammersen/Löwenstein, über dessen Sanierung seit über 10 Jahren gesprochen wird, und für das seit 2018 eine feste Planung der Büros MARS Interieurarchitecten (Rotterdam) und Pell Architekten (Köln) vorliegt. Eigentlich sollte am Neumarkt bereits gebaut werden, doch die Planungen werden stetig überarbeitet – und infolgedessen auch stetig (maßvoll) teurer: Ursprünglich waren 81 Millionen vorgesehen, neue Zahlen sollen bald veröffentlicht werden.

Nun aber spricht Bürgermeister Ralph Elster (CDU) auf einmal vom Abriss. Dabei verweist er auf die gestiegenen Kosten der Opernsanierung (674 Millionen Euro) und warnt vor einem finanziellen Fiasko. Seine Forderung: der „großartige Inhalt verdiene auch eine großartige Architektur“. Warum dies nur ein Neubau sein kann, erläutert er indes nicht. Da auch einige Medien in den Tenor des gammeligen Groschengrabs einstimmten, hat der BDA Köln nun reagiert und sich in einem Offenen Brief an Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) gewandt. Der BDA-Vorsditzende Reinhard Angelis fürchtet, dass „das Gebäude vermittels unsachlicher Argumentation kaputtgeschrieben werden“ solle. Er widerlegt Elsters Argumente und fordert die Umsetzung der auf politischen Beschlüssen beruhenden Planung sowie eine angemessene Gestaltung des öffentlichen Raumes. Gerade wenn Köln das selbstgesteckte Ziel der Klimaneutralität bis 2035 erreichen wolle, scheine „die aktuelle Debatte völlig aus der Zeit gefallen“. In der Tat scheint Ralph Elster der Begriff der “Graue Energie” unbekannt. Eine allseits geforderte Bauwende ist mit derlei Handeln jedenfalls nicht zu realisieren. Die neu aufkeimenden Diskussionen nennt der BDA eine “Phantomdebatte”. (db, 1.3.23)

Köln, Zentralbibliothek (Bild: Raimond Spekking via Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Köln, Zentralbibliothek (Bild: Raimond Spekking via Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

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