Der wuchernde Garten ist bereinigt, das Dach mit Planen bedeckt: Nach langem Stillstand stehen in der Berliner Tannenbergallee 28 die Zeichen auf Abriss. Und diesmal nehmen die Dinge nicht nur den üblichen, ärgerlichen Verlauf, dass ein qualitätvolles Einzelhaus einer profitorientierten Wohnanlage Platz machen muss: Hier wird das ehemalige Wohnhaus des Architekten Hans Poelzig abgerissen! Entstanden ist es 1929/30 nach Plänen seiner Frau Marlene Moeschke-Poelzig, die Gartengestaltung übernahm unter anderem Hermann Mattern. Nach Poelzigs Tod 1936 kaufte der Regisseur Veit Harlan die Immobilie. Wahrscheinlich wurde hier der Film “Jud Süß” geschnitten, der im neu eingerichteten Kinoraum die private Uraufführung erlebte. Geschichtsträchtiger geht es kaum – die Gedenktafel der Stadt Berlin, die nur an Hans Poelzig erinnert, ist eigentlich zu knapp …

Wie kann es also zum Abriss kommen? Das Landesdenkmalamt entschied Anfang der 1990er, dass das Gebäude aufgrund diverser, zuletzt 1954 erfolgter Umbauten nicht schützenswert sei. Dabei ist es geblieben, obwohl sich die Kriterien für eine Unterschutzstellung längst erweitert haben. Die Vermutung, dass die Villa Poelzig in den vergangenen Jahren amtlich einfach durchgerutscht ist, liegt nahe: Architektur, Gartengestaltung, historische Bedeutung und die Tatsache, dass es sich um das Bauwerk einer Architektin – vor 90 Jahren noch eine Pionierin – handelt, scheinen dieses Zeugnis der deutschen (Architektur-) Geschichte nicht zu retten. (db, 5.3.20)

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