Wenn der Künstler Frank Kunert seine Miniaturbauten mit der Kamera festhält, ist am Ende kaum ein Unterschied zur großen Architektur zu erkennen. Wäre da nicht in jedem seiner Werke ein Widerhaken, ein feiner Humor, an dem das Auge hängen bleibt. Genau jenen Details hat sich der in Frankfurt geborene Künstler verschrieben. Als Modellbauer und Fotograf ist er seit den 1990er Jahren spezialisiert auf kuriose Bilder über die ganz alltäglichen Abgründe – und diese finden bei Kunert häufig in mausgrauer Moderne statt. Seine Schöpfungen reichen vom absurd brutalistischen Strandhotel auf Stelzen bis zum Nachkriegswohnhaus, dessen Balkonen ohne Zugang konstruiert wurden. Auch Menschen fehlen in diesen Szenarien meist völlig, sie sind nur an den Spuren ihres Nutzungsverhaltens ablesbar. Immer läuft irgend Weg in die Irre, wird eine Erwartung nicht eingelöst, um dann doch einen freundlichen Ausblick in eine unerwartete Richtung anzubieten.
Seit den 2000er Jahren arbeitet Kunert als freier Künstler und hat sich inzwischen ein treues Publikum erarbeitet, das seine hintergründigen Motive von der Postkarte über den Fotodruck bis zum Memory-Spiel zu schätzen weiß. Inzwischen hat er sein Atelier aus Frankfurt an den Mittelrhein nach Boppard verlagert. Hier gibt es nun – pünktlich zum 60. Geburtstag des Künstlers – vom 25. Juni bis zum 24. September 2023 eine Auswahl seiner Fotografien und Originalmodelle im Museum Boppard in der Kurfürstlichen Burg zu bestaunen. Die Ausstellung “Carpe Diem” wird am 24. Juni um 19 Uhr eröffnet, die Türen stehen zum individuellen Entdecken bereits ab 18 Uhr offen. Mit von der Partie sind der Cartoonist Til Mette sowie der Musiker und Kabarettist Axel Pätz mit seinem Programm “Das Niveau singt – Premium Gold”. (kb, 5.6.23)
Frank Kunert: Mit Balkon (Copyright: Frank Kunert)