Geschichte wiederholt sich nicht, lokale Politiken tun es aber sehr wohl: Aktuell ist dies wohl im oberbayerischen Kochel der Fall. Nach dem politisch forcierten, umstrittenen Abriss des denkmalgeschützten Verstärkeramtes im vergangenen Jahr ist nun ein weiteres Objekt der Zwischenkriegsmoderne bedroht. Nach 20-jährigem Leerstand des vormaligen „Ferienheim[s] für Arbeiter, Beamte und Angestellte von Staat und Gemeinden“, später kurz Verdi-Heim genannt, scheinen dort umfangreiche Bau- oderAbrissarbeiten begonnen zu haben. Mehrere Presseanfragen zur Zukunft des Gebäudes, unter anderem von der Süddeutschen Zeitung, blieben durch den Investor bislang unbeantwortet. Ob das Gebäude zu einem gelisteten Baudenkmal wird, ist derweil noch unklar – der Bayerische Landesdenkmalrat hat es Ende Januar auf der Tagesordnung. Anfang Januar wurden daraufhin nun auch die (offensichtlich zerstörerischen) Arbeiten bis auf Weiteres gestoppt.

Das am Kochelsee gelegene Gebäude wurde 1930 vom Architekten Emil Freymuth erbaut, der dann in 1950er Jahren vor allem durch Großprojekte in München wie der Kongresshalle oder der Siemenssiedlung auffiel. Charakteristisch für das Verdi-Heim ist die enorme Krümmung des Baukörpers, die der absoluten Anpassung des Gebäudes an das schmale und dann sehr steil ansteigende Seeufer geschuldet ist. Wie auch die anderen Gebäude der gemäßigt daherkommenden „Bayerischen Moderne“ spielt das Ferienheim mit der Kombination traditionell-lokaler und moderner Elementen: So verschmelzen die strikt angeordneten Einzelfenster beim Öffnen der hölzernen Fensterläden zu Fensterbändern. Weil die Errichtung von Flachdächern in Gebirgslage quasi unmöglich ist wird ein solches durch ein rückwärtig abfallendes Pultdach imitiert. (fs, 18.1.2022)

Kochel, Verdi-Heim Januar 2022 (Bild: Christine Weikert)

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