Wenige Gebäude symbolisieren das West-Berlin der 1970er/80er so sehr wie das Internationale Congress Centrum (ICC) oder der „Bierpinsel“. Das Ehepaar Ralf Schüler ( 1930-2011) und Ursulina Schüler-Witte entwarfen diese High-Tech-Ikonen, die mittlerweile beide unter Denkmalschutz, ebenso aber vor einer unklaren Zukunft stehen. Eine neue Nutzung ihrer berühmtesten Bauten wird auch Ursulina Schüler-Witte nicht mehr erleben: Bereits im Mai ist die Architektin im Alter von 89 Jahren verstorben, wie man vorgestern aus einer Todesanzeige im Tagesspiegel erfuhr. Geschaltet hat sie die Berlinische Galerie, die den Nachlass des Architektenpaars verwaltet. Nach dem Tod ihres Mannes hatte Ursulina Schüler-Witte ihren Archivbestand radikal verkleinert. 2011 bezog sie eine Wohnung in einem umgenutzten Schwesternwohnheim – ein Gebäude, das sie Anfang der 1990er Jahre selbst entworfen hatte. Das fiel ihr erst beim Besichtigungstermin wieder auf. Zuvor hatte sie lediglich einen Grundriss gesehen, der sie spontan begeisterte…

Ralf Schüler hatte sein Architekturstudium nicht mit dem Diplom abgeschlossen. Sehr wohl aber Ursulina Schüler-Witte, die er während des Studiums kennenlernte. Die beiden gebürtigen Berliner arbeiteten zunächst im Büro von Bernhard Hermkes, ehe sie 1967 den Schritt in die Selbstständigkeit gingen. Das erste Projekt, der U-Bahnhof Schlossstraße, brachte auch den (nach zähem Ringen erst 1976 eröffneten) Bierpinsel hervor. Über ihn hat sich moderneREGIONAL Ende 2015 mit Ursulina-Schüler-Witte ausführlich unterhalten. Als ihr Opus Magnum gilt das ICC: Das 313 Meter lange Multifunktionsgebäude wurde 1979 eingeweiht und liegt seit 2014 im Dornröschenschlaf. Das Werk des Ehepaars Schüler-Witte ist jedoch viel umfangreicher: Zwischen 1967 und 2004 entstand eine Vielzahl an Wohnhäusern und Brücken, der Wiederaufbau der beschädigten Berliner Kongresshalle als “Haus der Kulturen der Welt” (1987) und im gleichen Jahr die Mahnmale für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. 2015 hat Ursulina Schüler-Witte ihre Erinnerungen veröffentlicht – die natürlich ein liebevoller Blick auf das Zusammenleben und das gemeinsame Büro mit ihrem Mann sind. Sie nannte es “eine werkorientierte Biografie”, und sie sei hier jedem Moderne-Fan noch einmal nachhaltig ans Herz gelegt. Und zuletzt sei Ursulina Schüler-Witte noch einmal für den Schwarzen Tee gedankt, den sie mir bei unserem Interview zubereitete, da ich (eigentlich Kaffeetrinker) ausgerechnet an einem solchen Termin verschnupft und schlecht bei Stimme war. Doch als Architektin hatte sie schon größere Widrigkeiten als einen kleinen Infekt beiseite geschafft! (Daniel Bartetzko, 12.7.22)

Ursulina Schüler Witte, Dezember 2015 (Bild: Daniel Bartetzko)

Titel: ICC Berlin 2014 (Bild: Alfred Englert)

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